Die Jubiläumsfeierlichkeiten anlässlich des fünfzigsten Zapfenstreichs der Wanderfreunde Laufender Durst fanden ihren krönenden Abschluss in der Hohenloher Trinkheilanstalt Zureinkehr. Die Fremdenzimmer waren gastlich, das Wetter wonnig und die Herbstluft würzig.
Die Wanderkameradschaft freut sich schon jetzt auf das nächste Wiedersehen beim Jubiläumsfest Zweitausendeinundzwanzig!
Zum Abschluss des diesjährigen Lehrgangs wurde als saisonaler Höhepunkt die Bachtel-Schwinget im Zürcher Oberland begutachtet. Kaiserwetter und der Jodelclub Scheidegg krönten den nett gelegenen kleinen Schwingplatz, von dem aus ein hübscher Balkonblick über den Zürichsee in die alpine Bergwelt ins Auge fiel.
Sowieso werden künftig nur noch ausgewiesene Bergfeste anvisiert, sofern einem der Himmel nicht gänzlich auf den Kopf fällt.
Ein laut Ansager „tausend Kilometer östlich von Moskau“ beheimateter junger Schwingerfreund sorgte für internationales Flair und gewann unter herzlichem Applaus immerhin seinen letzten Gang. Beim Intermezzo Steinstossen wurde mit dem 43 Kilo schweren Bachtelstein gestossen, bloss war der gar nicht aus Käse. Die nach einem leichtsinnigen Hebeversuch gerade im Entstehen gefühlte akute Zerrung am Hüftbeuger verhinderte vorzeitig die Aufnahme des Wettkampfes durch den etwas überheblichen Hobbysstosser.
Die Schweizer Kunstolympiade Art en plein air in Môtiers/NE besteht aus einem reizvollen Spaziergang durch das jurassische Dorf hinein in den angrenzenden märchenhaften Wald, entlang einem tosenden Wasserfall hinauf zu einer zauberhaften Lichtung und anschliessend wieder herunter zum Dorfplatz. Auf dem Rundgang sind um die sechzig Kunstwerke zu bestaunen, welche mehr oder weniger mit ihrer unmittelbaren Umgebung korrespondieren. Wenn gleichzeitig noch zufällig eine Flugschau anlässlich des 50. Geburtstages des örtlichen Aeroclubs stattfindet, heisst das Kunststück Höllenmaschinen machen Höllenlärm.
Kurz nach dem Einlass donnerte zur Begrüssung eine ausgewachsene F-18 im Tiefflug mit solch einer Geschwindigkeit über die Hauptstrasse, dass der ohrenbetäubende Schall erst dann schmerzlich wahrnehmbar wurde, als das fliegende Ungetüm bereits wieder in den Himmel aufstieg. Der folgende recht furchteinflössende Sturzflug direkt auf den wehrlosen Dorfkern erinnerte eindrücklich an Luftüberlegenheit à la NATO.
Noch vor wenigen Jahren barg das Val de Travers ganz im Wilden Westen der Schweiz ein eher stilles Geheimnis für den Amateur d´Absinthe. Seit der Aufhebung des Absinthe-Verbotes tuckert die Vermarktungsmaschine langsam, aber stetig.
Das ursprünglich vorgesehene beschauliche Erwandern der Kunstmeiler wurde derweil von der durch die Lüfte düsenden Patrouille Suisse lautstark untermalt (Formation, Sturz, Salti mit Trallala & Hoppsassa), während auf der Erde auf Schritt und Tritt die grüne Fee lockte.
Die Gefühlslage war auch ohne Apéro leicht getrübt. Wird das Bedrohungspotential von Flugschauen über bewohntem Gebiet nicht etwas unterschätzt?
Die wahrhaft bizarre Begehung von Kunst und Natur mit den weiteren Sidekicks Helikopter-Luftakrobatik, stotternden Weltkriegsveteranen, einer von Heckpropellern angetriebenen Entenflüglerformation und noch mehr Hubschraubern nebst knatternden einfachen und doppelten Deckern fand ihren Abschluss schliesslich an einem Schuhbaum, gestaltet vom Künstlerduo Haus am Gern.
Dem Hobbyschweizer hatte es die Schuhe schon unterwegs ausgezogen und so besass er an dieser Stelle keine Munition mehr, sonst wäre unter den Umständen eine titanverstärkte Schweizer Hornisse gebodigt worden…
Beim Unspunnenfest war der Lokalmatador zum wiederholten Male unschlagbar, obwohl es ihn noch im ersten Versuch des Finaldurchgangs der Länge hin flachgelegt hatte.
Im zweiten stiess der Weltrekordler den Felsbrocken weit genug.
Schwaben tun sich nicht nur mit dem Zungenschlag schwer. Auch in Sachen Zuneigung von Nicht-Schwaben benötigen sie dringend Nachhilfe. Ein Zeitungsausträger aus Berlin-Neukölln hat jüngst gestanden, aufgrund chronischem «Schwabenhass» Kinderwagen im Bezirk Prenzlauer Berg abgefackelt zu haben.
Porno-Hippie-Schwaben raus aus Mitte! — selbst die joviale Mittwoch-Schicht im Stimmungslokal Mysliwska versuchte mit solchen Parolen bereits um die Jahrtausendwende den angehenden Hobbyschweizer vom Barhocker zu moppen — doch, Moment mal, Feuer hin, Brand her: sind die in Schwabenhausen zuhauf abgefackelten Automobile nicht fast allesamt süddeutscher Provenienz?
Audi, BMW und Mercedes-Benz sind unser Unglück?!
Von der Eidgenossenschaft wurde seit den Schwabenkriegen ein klarer Grenzstrich gezogen und der nachbarschaftliche Streit mit den Schwaben beschränkte sich auf blosse Verbalinjurien. Seit aber die nördlichen Nachbarn auf der Suche nach Milch und Honig vermehrt den Rhein überqueren, sinkt die Reizschwelle wahrnehmbar.
Noch spielt die sich naiv gebende rechtsnationale SVP heutzutage nur mit faschistoider Propagandaästhetik. Sie würde sich kaum erlauben, das im obigen Plakat (mit grenzwertigem Humor) vom Juden zum Schwaben mutierte Feindbild zu übernehmen, obgleich derartige Personifikationen ziemlich treffend das paranoide Weltbild ihrer Anhänger beschreiben.
Die SVP ist aber bauernschlau genug, die zugewanderten Sauschwaben aller Länder für die Migrationsfolgen in der Schweiz haftbar zu machen und der eifrig geschürten Angst vor Überfremdung das Heilsversprechen einer Helvetisierung entgegenzusetzen.
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PS: Historische Hintergründe zum Thema Sauschwaben hier.
Ein eher zeitgeistliches Essay findet sich da.