Zwischen einem und zweieinhalb Petabyte Datenspeicher sind nach Schätzungen neurowissenschaftlicher Informatiker rein rechnerisch nötig, um die 100 Mrd. Nervenzellen nebst den Zehntausend Kontaktstellen des menschlichen Gehirns digital abzubilden. Manche träumen schon von einer digitalen Unsterblichkeit, nicht in den Sozialen Medien, sondern auf real existierender Hardware. Die Voraussetzungen scheinen gut: nach dem Moor´schen Gesetz verdoppeln Computer ihre Rechenleistung etwa alle 18 Monate, die Wayback-Machine (Internet-Archiv) sortierte und speicherte von 2001 bis 2016 bereits alleine 15 Petabyte Daten. Speicherkapazität rulez.
Manche zeitgenössische Romanciers sind bei dieser Thematik zumindest ideell etwas weiter: in Hologrammatica entwirft Tom Hillenbrand eine gleichermassen kühne wie kühle Vision einer re-bootbaren Menschmaschine und damit serieller Unsterblichkeit. Vermengt werden sinister agierende Super-KI mit etwas Extraterrestik und einer Prise globaler Simulation zu einem ausufernden SciFi-Eintopf. Multitalent Dietmar Dath legt in seiner Fantasie Die Abschaffung der Arten noch einen drauf: Menschen sind von genetisch neuartig enstandenen hochintelligenten Wesen, welche von Geschlecht und Gattung völlig losgelöst sich selbst zu kopieren vermögen, längst verdrängt, werden jedoch aus zoologischem Interesse bzw. als Kuriosum weiterhin gehalten.
„Wir wollen dahin, dass eine Intelligenz alles verstehen und jede Aufgabe lösen kann. Nicht der Mensch denkt sich was Neues aus, sondern das System. Der KI-Forscher wird durch ein neuronales Netz ersetzt.“
(Bio-Informatiker Josef Hochreiter im Interview)
Ist Re-Materialisierung von geistiger und körperlicher Essenz generell möglich? Kryoniker hoffen darauf: Schockfrostung gefolgt von Lagerung bei minus 196 Grad sind ein gewagtes Investitionsrisiko, eine teure Wette auf die Zukunft. Wie die reine Hülle dann ganzheitlich beseelt werden soll, bleibt noch fraglich. Wahrscheinlich wissen wir mehr, falls die geplante Kopftransplantation ohne begleitende Lähmungserscheinungen tatsächlich gelänge, Rückenmark hier nur Hilfsausdruck.
Die medizinische Genetik macht derweil rasante Fortschritte, Stichwort Crispr/Cas (Gen-Schere). Gendefekte werden im molekular-biologischen Laborversuch modifiziert bzw. repariert; im Tierversuch heute bereits vorgeburtlich. Lifescience verspricht der künftige Wachstumsmarkt zu werden, Gen-Kopien könnten Transplantationen überflüssig machen. Körperliche Eingriffe finden mittels viraler Vektoren statt, wobei gentechnisch alles denkbar ist, was über die reine Reparatur hinausgeht. Die Kosten für eine solche Gen-Infusion liegen heute noch in dem Bereich von einigen Millionen — wird solch ein Human-Enhancement–Cocktail künftig nicht nur für Wenige bezahlbar und werden dann alle Nachfahren automatisch robust, schlau und schön? Kann ein makelloses Embryo mittels Genkatalog gebastelt werden? Die heikle Fragestellung lautet: soll es möglich sein, den Menschen abseits aller gewöhnlichen Schönheits-OPs per se via Erbgut möglichst perfekt zu tunen? Ethisch und moralisch ist für Hochspannung gesorgt, wenn die begehrte Hauptrolle Gott neu besetzt wird. Faust, Frankenstein, Godzilla & Co. lassen schön grüssen, auch ohne den derzeit allzu inflationär gebrauchten Begriff der Dystopie unnötig weiter zu befeuern. Mutation war und ist schliesslich immer…